Chef kann 12-Stunden-Arbeitstag anschaffen

12-Stunden-Arbeitstag

Regierung peitschte 60-Stunden-Woche ohne Begutachtung durch

„Was die Bundesregierung unter dem Stichwort ‚Arbeitszeitflexibilisierung‘ vorgelegt hat, bringt für viele ArbeitnehmerInnen die 60-Stunden-Woche als Normalfall und Abhängigkeit von den Befehlen des Arbeitgebers“, kritisiert Bernhard Achitz, Leitender Sekretär des ÖGB: „Nur die zynischsten unter den Wirtschaftsvertretern können da von einem ‚Freudentag für ArbeitnehmerInnen‘ sprechen.“

Keine Sozialpartnervereinbarung

„Dass das alles, wie von der Regierung unterstellt wird, auf einer Sozialpartnereinigung aus dem Jahr 2017 beruhen soll, ist eine grobe Unwahrheit“, sagt Achitz. Wahr ist, dass bis 2017 über eine ganze Reihe von Forderungen der Arbeitgeber geredet wurde. Über die Forderungen der ArbeitnehmerInnenseite wurde trotz zahlreicher Gespräche nicht verhandelt. „Genau deshalb hat es am Ende keine Sozialpartnervereinbarung gegeben. Von einer Einigung kann daher keine Rede sein“, sagt Achitz.

Der Regierung ist bewusst, dass sie mit ihrer „Flexibilisierung“ den größten Angriff auf die Gesundheit und die Geldbörsen der ArbeitnehmerInnen seit Jahrzehnten gestartet hat. Das lässt sich aus der Vorgangsweise schließen: Anstatt eine Regierungsvorlage zu erstellen, die in einer Begutachtungsphase analysiert werden könnte und alle negativen Folgen aufdecken würde, wurde der Gesetzesentwurf ohne Begutachtung durchs Parlament gepeitscht, kritisiert Achitz.

Arbeitgeber kann 12/60 anordnen, wann immer er will

Geht es nach der Regierung, wird der 12-Stunden-Arbeitstag von der Ausnahme zum Regelfall. Bisher waren 12-Stunden-Tag und 60-Stunden-Woche an das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen gebunden (Verhinderung eines wirtschaftlichen Nachteils). Im Wesentlichen ging es darum, den Betrieb vor Schaden zu bewahren. Der Arbeitgeber musste die Voraussetzungen nachweisen, daher war 12/60 bisher die Ausnahme geblieben. Jetzt sind die Voraussetzungen weggefallen. Der Arbeitgeber kann 12/60 anordnen, wann immer er will. Er kann sogar damit kalkulieren, nur um seine Gewinnspanne zu erhöhen.

Freiwilligkeit im Arbeitsrecht ist reine Wunschvorstellung

Wenn der Arbeitgeber einen Wunsch äußert, dem ArbeitnehmerInnen nicht nachkommen, haben sie in der Praxis vielfältige Nachteile zu erwarten – von Nichtberücksichtigung bei Beförderungen bis zur Kündigung, im schlimmsten Fall Entlassung, wenn man sich den Wünschen der Arbeitgeber wiederholt widersetzt.

Freizeit gibt’s nur bei Auftragsflaute

Auch die Darstellung, dass ArbeitnehmerInnen ihre erworbenen Freizeitansprüche nehmen können, wann immer sie wollen, ist realitätsfremd. Freizeit kann nur konsumiert werden, wenn der Arbeitgeber zustimmt. „Das wird in vielen Fällen nur dann sein, wenn gerade nichts los ist – und nicht dann, wenn der/die Arbeitnehmer/in freie Tage braucht“, befürchtet Achitz.

Zuschläge fallen bei Durchrechnung weg

Die Behauptung, dass Überstundenzuschläge erhalten bleiben, ist eine Nebelgranate. Es liegt auf der Hand, dass Durchrechnungszeiträume ausgeweitet werden. Der Sinn (für Arbeitgeber) liegt darin, dass Mehrstunden innerhalb des Durchrechnungszeitraums durch Zeitausgleich ohne Zuschlag ausgeglichen werden können. Achitz: „Wenn man zusätzlich davon spricht, Mehrstunden von einem Durchrechnungszeitraum in den nächsten zu übertragen, werden diese Mehr- und Überstunden zuschlagsfrei eins zu eins ausgeglichen.“

Egal wie man’s regelt – überlanges Arbeiten ist schlecht für die Gesundheit

Abgesehen von den juristischen Details meint Achitz: „Egal, wie man überlange Arbeitszeiten konkret regelt, und egal, ob freiwillig oder unfreiwillig so lang gearbeitet wird: Überlanges Arbeiten ist schlecht für die Gesundheit, und freiwilliges langes Arbeiten ist um nichts gesünder. Arbeitszeitgesetze sind Schutzgesetze – auch vor Selbstausbeutung!“

>> Mehr Infos und Materialien zum 12-Stundentag/zur 60-Stundenwoche

FSG-Bundesgeschäftsführer Willi Mernyi über den 12-Stunden-Arbeitstag