2.400 Euro für Mitarbeiter, weil Firma Dienstwagen rechtswidrig überwachte
Ein Dienstwagen, der auch in der Freizeit genutzt werden darf, ist eigentlich eine feine Sache. Solange nicht gleich mehrere Vorgesetzte mit Hilfe des eingebauten GPS-Ortungssystems sehen können, wo man wann wie lange unterwegs war – auch in der Freizeit. Genau das passierte einem oberösterreichischen Mitarbeiter einer Tiroler Firma.
Eine permanente Überwachung müssen sich ArbeitnehmerInnen nicht gefallen lassen.
Die AK-Oberösterreich klagte für den Betroffenen wegen des psychischen Drucks und der Verletzung der Privatsphäre und ging für ihn bis vor den Obersten Gerichtshof (OGH). Mit historischem Erfolg: Dem Mann wurde ein Schadenersatz in der Höhe von 2.400 Euro zugesprochen. „Damit ist eine wichtige juristische Klarstellung gelungen“, so AK-OÖ-Präsident Johann Kalliauer.
Das von der AK OÖ erwirkte OGH-Urteil ist wahrlich richtungsweisend: Erstmals wurde einem Arbeitnehmer wegen Überwachung durch ein GPS-System im Dienstauto Schadenersatz zugesprochen. Das Signal an Arbeitgeber ist somit eindeutig: Unzulässige GPS-Überwachung der MitarbeiterInenn ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein schwerwiegender Eingriff in die Privatsphäre, der teuer werden kann.
Zum Hintergrund
Der Betroffene hatte im Außendienst gearbeitet. Dafür stellte ihm sein Arbeitgeber einen Dienstwagen zur Verfügung, den er laut Dienstvertrag sogar für den Urlaub nutzen durfte. Die Freude darüber währte nur kurz.
Rund zwei Monate nach Dienstantritt erfuhr der Mitarbeiter zufällig, dass seine Fahrten überwacht werden. Das Sekretariat der Firma rief ihn an, was er denn in Wattens zu tun habe. Tatsächlich arbeitete er jedoch zuhause im Home-Office. Er hatte sich lediglich am Vortag im Tiroler Ort aufgehalten und war noch am selben Tag nach Hause gefahren.
Daraufhin bat er seinen direkten Vorgesetzten, etwas gegen die Überwachung – insbesondere in der Freizeit – zu unternehmen. Doch trotz mehrerer Gespräche und schriftlicher Aufforderungen stellte die Firma diese Praxis nicht ein.
Im Gegenteil: Es erfolgten immer wieder Kontrollanrufe, wo und warum er sich gerade dort aufhielte. Der psychische Druck wuchs dermaßen, dass sich der Außendienstmitarbeiter den Eingriff in seine Privatsphäre nicht mehr bieten lassen wollte.
Er wandte sich an die RechtsexpertInnen der AK OÖ. Diese sahen durch die Kontrollmaßnahme die Menschenwürde berührt. Für die Einführung derartiger Maßnahmen seien außerdem die Zustimmung des Betriebsrates oder der einzelnen Arbeitnehmerin/des einzelnen Arbeitnehmers nötig. Im konkreten Fall gab es jedoch keinen Betriebsrat und auch keine Zustimmung des Arbeitnehmers.
Dafür erwies sich das Überwachungssystem als ausgeklügelt. Das Ortungssystem konnte die GPS-Daten rund um die Uhr übertragen, den Batteriepegel des Wagens überwachen und erkennen, wann die Zündung eingeschaltet wurde. Geschäftsführer, Vertriebsleiter, Produktionsleiter und Innendienstleiterin konnten somit jederzeit über das Internet die Fahrten verfolgen. Zur strategischen Vertriebssteuerung wurde das System allerdings nicht genutzt.
Nachdem das Landesgericht Linz und das Oberlandesgericht Linz jeweils im Sinne des Klägers die Überwachung als illegal eingestuft und das Recht auf immateriellen Schadenersatz anerkannt hatten, musste nach neuerlicher Berufung der beklagten Firma der OGH entscheiden. Dieser bestätigte schlussendlich den bereits in der ersten Instanz zugesprochenen Schadenersatz in der Höhe von 400 Euro pro Arbeitsmonat – insgesamt 2.400 Euro. Zusätzlich hatte die überwachungsfreudige Firma rund 1.400 Euro an Prozesskosten zu zahlen.
Durch drei Instanzen und fast zwei Jahre lang musste der Arbeitnehmer kämpfen, um an das Geld zu kommen.
Übrigens: Dasselbe Unternehmen wurde inzwischen in einem zweiten Fall abermals wegen rechtswidriger Überwachung rechtskräftig verurteilt. „Die Botschaft des OGH-Urteils ist klar: Nicht alles, was technisch möglich ist, ist auch erlaubt. Kontrollmaßnahmen, die die Menschenwürde verletzen, sind absolut unzulässig“, so AK-OÖ-Präsident Kalliauer.