Chaos bei Risikogruppen: Gesetz im April beschlossen, trotzdem gelten Atteste und Freistellungen nicht

Angehörigen von Risikogruppen droht neues Desaster 

Mit den Versprechungen der Bundesregierung zu einer „rückwirkenden“ Gültigkeit ärztlicher Atteste haben sie in Absprache mit den Unternehmen, in denen sie beschäftigt sind, eine Freistellung genutzt. Nun ist alles anders, massive Nachteile für die Betroffenen drohen.

Bereits im März haben Kanzler Kurz und Minister Anschober angekündigt, die Corona-Risikogruppen besser schützen zu wollen. Am 5. April ist ein Gesetz in Kraft getreten, das besagt, dass man sich mit einem ärztlichen Attest als Risikopatient freistellen lassen kann, wenn Homeoffice nicht möglich ist.

ÖGK-Arbeitnehmer-Obmann Andreas Huss: „Viele PatientInnen haben aus Angst, krank zu werden, ins Krankenhaus zu müssen und vielleicht sogar zu sterben diese Möglichkeit der Freistellung genutzt. Hier hat die Angstmaschinerie der Regierung voll gewirkt. Jetzt zu sagen, das war ja gar nicht möglich, geht gar nicht.“

Gerade in Branchen wie dem Baugewerbe hatten viele Betriebe und RisikopatientInnen gar keine andere Möglichkeit, als die Freistellung zu nutzen, da hier Homeoffice-Lösungen nicht realisierbar sind.

Die genaue Definition der Risikogruppen erfolgte im Ministerium im Laufe des Aprils und wurde in einer neuen Verordnung mit Gültigkeit erst ab 6. Mai eingetragen. Im Vorfeld wurde immer wieder angekündigt, dass die „alten“ Atteste Gültigkeit haben werden, wenn sie sich mit der Risikodefinition decken. Davon will das Gesundheitsministerium und Minister Anschober jetzt nichts mehr wissen.

Huss empört: „Jetzt soll das Gesetz nicht gegolten haben, weil noch keine Risikogruppen-Definition vorgelegen hat? Hier wird auf dem Rücken der Beschäftigten und der Betriebe Ankündigungspolitik mit massiven Auswirkungen auf Bevölkerung und Wirtschaft betrieben.“

„Auch in der Corona-Krise muss ein beschlossenes Gesetz Gültigkeit haben.“

Wenn die alten Atteste nicht gelten, müssen die Freistellungen aus dem April rückabgewickelt werden. Hier wird es massive Nachteile für die RisikopatientInnen, die man eigentlich schützen wollte, und arbeitsrechtliche Probleme geben.

Die Unternehmen, die ihre Risikopatienten in der „heißen Phase“ freigestellt haben, sind jetzt die Dummen, weil sie den angekündigten Bundesersatz für die Personalkosten nicht bekommen werden. Diese Unternehmen haben verantwortungsvoll und in gutem Glauben auf Basis eines bestehenden Gesetzes gehandelt, jetzt werden sie dafür bestraft, dass das Expertengremium nicht rechtzeitig mit der Risikogruppen-Definition fertig geworden ist.

Huss: „Diese Lücke muss schleunigst geschlossen werden. Auch in der Corona-Krise hat ein beschlossenes Gesetz Gültigkeit. Wenn wir nicht aufpassen, wird die Regierung diese juristische, demokratische Grundregel gerade bei den Risikogruppen aushebeln.“