Aus der Geschichte lernen: Demokratie ist KEINE Selbstverständlichkeit
Am 12. Februar 1934 vor 85 Jahren begannen die blutigen Ereignisse des Bürgerkrieges zwischen der autoritären Bundesregierung Engelbert Dollfuß und der sozialdemokratischen Arbeiterschaft. Sie waren der tragische Höhepunkt eines Konflikts um freie Gewerkschaften, soziale Sicherheit und demokratische Strukturen. Erst 15 Jahre zuvor fanden am 16. Februar 1919 die ersten allgemeinen, freien und demokratischen Wahlen in Österreich statt, an der auch erstmals Frauen ihre Stimmen abgeben durften.
Von Linz ausgehend griff der Kampf auf andere Städte und Industriegebiete über. Die Regierung setzte Artillerie ein und beendete die Kämpfe, die mehr als 1.600 Tote und Verletzte forderten. Es folgte die Verhängung des Standrechtes, das Verbot der Sozialdemokratischen Partei sowie die Auflösung und das Verbot des Bundes der Freien Gewerkschaften und aller angeschlossenen Verbände sowie die Ausrufung des totalitären Ständestaates. Die Todesstrafe wurde eingeführt.
„Zu sehr hat man sich seinerzeit darauf verlassen, dass die Situation nicht vollends eskalieren würde. Zu lange hat man angesichts der rechten Gefahr darauf vertraut, dass sich die radikalen Kräfte beruhigen und beherrschen ließen“, sagt der Bundesgeschäftsführer der FSG in der Gewerkschaft younion, Erich Kniezanrek.
Historikerin Brigitte Pellar zu den Februarkämpfen 1934Anlässlich des Gedenkens an den Februar 1934: Nach den Februarkämpfen 1934 wurden die freien Gewerkschaften verboten und die Diktatur installiert. Historikerin Brigitte Pellar Auskunft zu den Hintergründen des Bürgerkriegs.
Gepostet von FSG – Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen am Mittwoch, 13. Februar 2019
Zensur und Angriff auf soziale Errungenschaften sind Warnsignale
„Am Anfang jeder undemokratischen Entwicklung stehen die Beschneidung der bürgerlichen Rechte, der Versuch von Zensur und der Angriff auf bewährte soziale Errungenschaften“, so Kniezanrek. Gerade in Zeiten der politischen Zuspitzung und des radikalen Populismus gelte es wachsam zu sein.
„Gefährliche Entwicklungen werfen im Vorfeld ihre Schatten voraus. Wir müssen die Zeichen der Zeit erkennen“, warnt Kniezanrek. Gerade angesichts drohender Eingriffe in das historisch gewachsene und bewährte System der Sozialpartnerschaft und der Kammern müssen wir entschlossenen gegen Fehlentwicklungen und Verschlechterungen auftreten. „Wer die Demokratie selbstverständlich nimmt, gefährdet ihre Existenz“, warnt Kniezanrek. Wenn heute politische Kräfte die Menschenrechte in Frage stellen, den Sozialstaat attackieren und einen Keil in die Gesellschaft zu treiben versuchen, ist entschlossener Widerstand die einzige mögliche Antwort.
Ein klares Statement von FSG-Bundesgeschäftsführer Willi Mernyi:
Februargedenken 2019Am besten ehren wir die Opfer des Februars 1934 indem wir uns heute gegen unsoziale Politik, Ausgrenzung und für Solidarität einsetzen. Ein klares Statement von FSG-Bundesgeschäftsführer Willi Mernyi im Rahmen der Gedenkveranstaltung zum 12. Februar am Gelände der ÖBB Simmering. #niemalsvergessen Alle Infos: https://bit.ly/2Dw484v
Gepostet von FSG – Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen am Dienstag, 12. Februar 2019
Gedenken an KämpferInnen für Demokratie und Menschenrechte
„Wir müssen uns dafür engagieren, Menschen ein gutes Leben zu ermöglichen, wenn wir verhindern wollen, dass sich die Geschichte wiederholt“, warnt ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian. „Aus der Geschichte lernen heißt vor allem auch, miteinander zu arbeiten und zu leben und nicht zu hetzen und auszugrenzen.“
Der 12. Februar ist für den ÖGB-Präsidenten aber auch ein Anlass, jener GewerkschafterInnen und AktivistInnen weltweit zu gedenken, die ihren Kampf für Demokratie und für die Einhaltung von Menschenrechten auch heute noch mit Haftstrafen und sogar mit Todesurteilen büßen: „Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit, sie muss gelebt und ständig verteidigt werden!“
Kurze Vorgeschichte zu den Februarkämpfen 1934
Die Ausschaltung des Parlaments begann mit der am 4. März 1933 eingetretenen Vorsitzlosigkeit des österreichischen Nationalrates im Zuge einer Debatte über einen Eisenbahnerstreik. Diese Geschäftsordnungskrise, die einvernehmlich beizulegen gewesen wäre, wurde am 15. März 1933 von Dollfuß unter Einsatz der Exekutive benutzt, um das gewählte Parlament aufzulösen. In der Folge verbot die Bundesregierung Parteien und freie Gewerkschaften und errichtete eine Diktatur nach ständestaatlichem Muster.
Schon zuvor wurden die politischen Spannungen in der noch jungen, politisch instabilen und wirtschaftlich schwachen Republik immer wieder gewalttätig ausgetragenen. Die Ereignisse trieben die Polarisierung der politischen Lager und die Aufrüstung ihrer paramilitärischen Verbände voran. Die größten Verbände waren die Heimwehr des bürgerlich-bäuerlichen Lagers auf der einen und der Republikanische Schutzbund der Sozialdemokraten auf der anderen Seite.
Auch in den Betrieben verschlechterte sich das Klima. Sozialdemokratische Betriebsräte wurden gekündigt, es kamen christliche und so genannte unabhängige, den Heimwehren nahestehende, Gewerkschafter. Mit den zunehmenden Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise auf Österreich waren die freien GewerkschafterInnen die ersten, die gekündigt wurden.
Die ab 1929 einsetzende Weltwirtschaftskrise verursachte eine weiter zunehmende Arbeitslosigkeit, eine Verschärfung des politischen Klimas und schließlich wurden die von Ferdinand Hanusch geschaffenen sozialen Netze ausgedünnt. So verlor fast die Hälfte der Arbeitslosen in den 1930er Jahren die Arbeitslosenunterstützung.
Linktipps direkt zum Thema Februarkämpfe 1934
>> Chronologie (Das rote Wien)
>> Vorgeschichte – Auseinandersetzung – FolgegeschichteÂ
>> Erzählte Geschichten (Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes)