Zurück an den Start, bevor noch mehr ArbeitnehmerInnen durch 12-Stunden-Tag ihren Job verlieren
Empört zeigen sich die beiden sozialdemokratischen Gewerkschafter und SPÖ-Abgeordneten Josef Muchitsch und Rainer Wimmer über die Aussagen von ÖVP-Klubobmann Wöginger. Er will den Opfern des Arbeitszeitgesetzes bei ungerechtfertigter Kündigung nach Ablehnung der 11. und 12. Arbeitsstunde einen Rechtschutz durch den ÖVP-Klub anbieten.
Wimmer: „Das Verhalten der ÖVP zu diesem Husch-Pfusch-Gesetz wird immer skurriler. Zuerst schafft man ein Gesetz, bei dem von Anfang an klar war, dass ArbeitnehmerInnen damit nur verlieren können und zu Opfern werden. Jetzt versucht man diese Opfer zu beruhigen und mundtot zu machen, indem man ihnen einen Rechtsschutz anbietet.“ Der Ex-Gewerkschafter und nunmehrige Kurz-Fan Wöginger sollte aber eigentlich wissen: „ÖGB und AK können das besser“, sagtWimmer.
„Wir brauchen ein Arbeitszeitrecht, wo es keine VerliererInnen gibt.“
Muchitsch betonte, dass die Gewerkschaften, die Arbeiterkammern und die SPÖ immer darauf hingewiesen haben, dass die Freiwilligkeit mit einer Ablehnung der 11. und 12. Arbeitsstunde in der Praxis nichts wert ist. „ÖVP und FPÖ wollen nun offenbar diese Fälle jetzt vertuschen. Fakt ist, es werden noch viele ArbeitnehmerInnen ihren Job verlieren, aufgrund dieses Husch-Pfusch-Gesetzes. Wir brauchen ein Arbeitszeitrecht, wo es keine VerliererInnen gibt und es nicht zu einem Überhandnehmen der Streitfälle vor dem Arbeits- und Sozialgericht kommt“, fordert Muchitsch. „Wenn bei einem Haus das Fundament verpfuscht ist, hilft es auch nichts, wenn man die Dachziegel austauscht. Da hilft nur ein Neubau. Gleiches gilt für dieses Husch-Pfusch-Gesetz – deshalb zurück an den Start!“
Roman Hebenstreit: Freiwilligkeit beim 12-Stunden-Tag steht nur am Papier
Die Warnungen von Gewerkschaften und Arbeiterkammern bewahrheiten sich: Die vielgepriesene „Freiwilligkeit“ beim 12-Stunden-Tag steht nur am Papier, immer mehr Fälle von unter Druck gesetzten oder entlassenen ArbeitnehmerInnen werden publik. Wir fordern: Zurück an den Start, bevor noch mehr ArbeitnehmerInnen durch den 12-Stunden-Tag ihren Job verlieren. Alle Infos: http://bit.ly/2SOCTsJ
Gepostet von FSG – Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen am Montag, 5. November 2018
Immer mehr Fälle werden bekannt, wo Beschäftigte unter Druck gesetzt und die neuen Arbeitszeitregeln unterlaufen werden.
Nachdem in Salzburg einem Bewerber ein Dienstvertrag mit höchst zweifelhaftem Inhalt in Bezug auf die Mehr- und Überstundenregelung vorgelegt wurde, ist jetzt auch in Tirol ein derartiger Vertrag aufgetaucht. In dem der AK Tirol vorliegenden Arbeitsvertag für einen Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe heißt es: „Der Arbeitnehmer erklärt seine ausdrückliche und freiwillige Bereitschaft, bei Vorliegen eines erhöhten Arbeitsbedarfes eine Tagesarbeitszeit von bis zu 12 Stunden sowie eine Wochenarbeitszeit von bis zu 60 Stunden leisten zu wollen.“
Derartige „Klauseln“ kämen einem freiwilligen Verzicht auf die Freiwilligkeit bei der 11. und 12. Stunde im Arbeitszeitgesetz gleich. Bei Verweigerung von 12-Stunden-Tagen könnte es dann zudem ein Vertragsbruch sein. Unterschreibt man aber nicht, ist die Stelle weg. Für JuristInnen ist das mehr als sittenwidrig. Betroffene müssten sich auf lange Gerichtsverfahren einstellen, bis zum Ende der Prozesse wäre der Arbeitsplatz jedenfalls weg.
Laut einem Bericht von ORF.at ist die oben erwähnte Formulierung Teil eines Vertragsmusters eines Steuerberatungsunternehmens. Auch wenn die Wirtschaftskammer (WKÖ) laut dem Bericht von derartigen Formulierungen zurückrudert, war das nicht der erste Fall. Schon vor Inkrafttreten des 12-Stunden-Tags/der 60-Stunden-Woche informierte die WKÖ darüber, dass Kollektivverträge – abgeschlossen zwischen Wirtschaftskammer und Gewerkschaften – günstigere Regeln vorsehen, wie beispielsweise eine 55-Stunden-Woche. Derartige Regelungen blieben – so die Wirtschaftskammer – weiterhin aufrecht. Nur gelte zudem auch die 60-Stunden-Woche im Gesetz, eine Beschäftigung im Ausmaß zwischen über 55 und bis zu 60 Stunden pro Woche sei aber nicht strafbar. Wenn die Wirtschaftskammer immer wieder beteuert, sie decke keinerlei Verstöße oder schwarze Schafe, dann stellt sich die Frage, warum sie ihren Mitgliedern Anleitungen zu derartigem Verhalten und Vertragsbruch liefert.