Initiative für ein modernes Arbeitszeitrecht

Arbeitszeitrecht

Als Ausgleich für längere Arbeitszeiten wollen 73 Prozent eine Vier-Tage-Woche

„Mit dem Inkrafttreten des Arbeitszeitgesetzes werden Bestimmungen Wirklichkeit, die sich auf die Geldbörse, auf die Freizeit und auf die Gesundheit der ArbeitnehmerInnen auswirken. Ein schlechter Tag für sie!“, erklärte ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Vorsitzenden und VertreterInnen aller Gewerkschaften am 1. September 2018.

Der ÖGB und die Gewerkschaften haben vor den Auswirkungen dieses „Husch-Pfusch-Gesetzes“ immer gewarnt. Die Unzufriedenheit mit dem Gesetz ist ungebrochen hoch. „Eine aktuelle Umfrage bestätigt, dass fast 60 Prozent der ArbeitnehmerInnen in Österreich die neue Regelung des 12-Stunden-Tages und der 60-Stunden-Woche ablehnen. Rund 80 Prozent machen auch deutlich, dass die Vorgangsweise der Regierung, das Gesetz ohne Einbeziehung der Sozialpartner durchzupeitschen, klar abgelehnt wird.“

Wesentlichste Kritikpunkte

„Die Behauptung, dass niemand länger arbeiten muss, ist falsch. 12-Stunden-Tage und 60-Stunden-Wochen sind ab sofort möglich. Es können wesentlich mehr Überstunden angeordnet werden. Es gibt Unklarheit, ob Beschäftigte, die Gleitzeitvereinbarungen haben, ihre Überstunden entlohnt bekommen. Die Mitbestimmung beim 12-Stunden-Tag, ein wesentlicher Bestandteil der Betriebsdemokratie, wurde gestrichen. Und die Freiwilligkeitsgarantie ist der mit Abstand größte Fake: Jeder, der jemals in der Privatwirtschaft gearbeitet hat, weiß, was von Freiwilligkeit zu halten ist. Auch Kündigungsschutz gibt es keinen“, führte Katzian aus.

ÖGB für flexible Arbeitzeiten, aber gegen einseitiges Diktat

Eine Vielzahl an flexiblen Regelungen in Kollektivverträgen verdeutliche, dass der ÖGB nie gegen flexible Arbeitszeiten gewesen sei, so der ÖGB-Präsident: „Aber was wir hier erlebt haben, das ist ein einseitiges Diktat zugunsten der Arbeitgeber, ohne auch einen einzigen Punkt, der zu einer Verbesserung für die ArbeitnehmerInnen führt. Dass dagegen ein breiter Protest entsteht, dem die Gewerkschaften eine Stimme verleihen, das darf niemanden verwundern.“

Erstmals Konferenz aller KV-VerhandlerInnen einberufen

Der ÖGB schließt jährlich über 450 Kollektivverträge ab, in diesen werden neben einer Reihe von wichtigen Spielregeln im Arbeitsleben vor allem Regelungen für das Einkommen und die Arbeitszeit getroffen. „Derzeit definieren alle Gewerkschaften jene Forderungspunkte und Ziele, die in den Branchen geregelt werden müssen. Wir holen daher erstmals alle KollektivvertragsverhandlerInnen der Gewerkschaften zusammen“, erklärt Katzian: „Bei einer Konferenz am 18. September 2018 werden wir diese Forderungen beschließen und präsentieren. Der Preis für dieses Gesetz wird gemeinsam festgelegt, im Herbst ist Zahltag!“

Initiative für ein neues, modernes Arbeitszeitrecht

„Mittelfristig wollen wir aber noch wesentlich mehr für die ArbeitnehmerInnen erreichen“, so Katzian. Neben der massiven Kritik an diesem neuen Arbeitszeitgesetz stelle sich die Frage, wie ein modernes, innovatives und zukunftsfähiges Arbeitszeitrecht aussehen soll.

„Wie sind die Bedürfnisse nach Erholung und Gesundheit, für Freizeit und Familie, wie sieht es aus mit Selbstbestimmtheit, wie lässt sich Planbarkeit im Zeitalter der Digitalisierung umsetzen? Wie demokratisch muss unsere Arbeitswelt sein, wie ist die Mitbestimmung der Beschäftigten und der BetriebsrätInnen und PersonalvertreterInnen zu verankern“, skizzierte der ÖGB-Präsident die zentralen Fragen und kündigte an: „Wir setzen unseren Protest gegen dieses Gesetz fort und wir geben ihm ein konkretes Ziel: Wir starten eine Initiative für ein neues, modernes Arbeitszeitrecht.“

„Wir stehen daher hier in voller Geschlossenheit aller Gewerkschaften. Wir tun das im Bewusstsein, dass wir die Gestaltung der Arbeitszeit neben dem Einkommen als zentrale Aufgabe der Gewerkschaftsbewegung sehen. Wir sind entschlossen, diese Ziele gemeinsam durchzusetzen.“

>> Fotos vom gemeinsamen Auftritt aller Gewerkschaften

IFES-Umfrage: 60 Prozent lehnen Arbeitszeitverlängerung ab

Dass die Bundesregierung die neue 12h/60h-Arbeitszeitregelung ohne die Einbindung der Sozialpartner beschlossen hat, kommt bei den ArbeitnehmerInnen gar nicht gut an. Das stellt das IFES-Institut in einer repräsentativen Befragung fest: Nur 18 Prozent der Befragten können dieser Vorgangsweise etwas abgewinnen. 78 Prozent finden diese Vorgangsweise „sehr schlecht“ bis „eher schlecht“.

Von den 800 befragten ArbeitnehmerInnen hielten 60 Prozent die Verlängerung der Arbeitszeit für eine schlechte bzw. sehr schlechte Idee. Rund 18 Prozent stehen der neuen Arbeitszeitregelung positiv gegenüber. Den Vorschlag, als Ausgleich für die längeren Arbeitszeiten eine Vier-Tage-Woche einzuführen, hielten 73 Prozent für eine sehr gute, bzw. gute Idee. Bei den jüngeren ArbeitnehmerInnen war die Zustimmung mit 84 Prozent noch höher.

>> Protestaktion: Regierung macht alles platt! (Link zur PRO-GE)

>> Mehr Berichte über Aktionen auf Facebook (ÖGB)