Die türkis-blauen Arschkarten für ArbeitnehmerInnen
Arbeiten bis zu 12 Stunden pro Tag ist in Ausnahmefällen heute bereits möglich. Jetzt aber haben sich ÖVP und FPÖ grundsätzlich auf den 12-Stunden-Arbeitstag verständigt. Kommt der generelle 12-Stunden-Arbeitstag für alle, sind die bisherigen Überstundenzuschläge weg. Im Klartext: Mehr Arbeit für weniger Geld ist Lohnraub!
12-Stunden-Tag: Fragen und Antworten (Quellen: ÖGB, vida)
Derzeitige Arbeitszeitregelungen sind ausreichend und flexibel genug. In Wahrheit brauchen wir in vielen Bereichen schon längst eine Arbeitszeitverkürzung.
>> Gewerkschaften GPA-djp und vida fordern 35-Stunden-Woche
Warum darf ich nicht 12 Stunden arbeiten, wenn ich das will?
Das Arbeitszeitgesetz ist ein Schutz-Gesetz. Es soll ArbeitnehmerInnen (AN) davor schützen, vom Arbeitgeber (AG) zu überlangen Arbeitszeiten gedrängt zu werden.
Es soll AN aber auch davor schützen, sich selbst zu sehr auszubeuten. Überlange Arbeitszeiten schaden der Gesundheit massiv. Die MedUni Wien hat erhoben, dass man nach zwei aufeinanderfolgenden 12-Stunden-Tagen drei Tage Freizeit braucht, um sich vollständig zu erholen.
Außerdem lässt sich kaum feststellen, wie freiwillig die überlangen Arbeitszeiten wirklich geleistet werden. Und selbst wenn das wirklich freiwillig geschieht, setzt es die anderen AN unter Druck, ihre Arbeitszeit ebenso „freiwillig“ zu verlängern. Das Arbeitszeitgesetz soll genau davor schützen.
Welche Möglichkeiten der flexiblen Arbeitszeitgestaltung gibt es bereits und welche Branchen sind davon betroffen?
Das Arbeitszeitgesetz bietet eine ganze Reihe von Möglichkeiten flexibler Arbeitszeitgestaltung. So ist es bereits jetzt gesetzlich möglich, die zuschlagsfreie Normalarbeitszeit auf 10 Stunden pro Tag auszudehnen (etwa bei der 4 Tage-Woche oder bei Gleitzeit).
Kollektivverträge haben zudem die Spielräume für Arbeitszeitflexibilisierungen geschaffen und erweitert. So kann auch auf die Bedürfnisse bestimmter Branchen eingegangen werden.
In den Kollektivverträgen sind jedoch Flexibilisierungen immer mit Arbeitszeitverkürzung oder selbst gewähltem Zeitausgleich für die Beschäftigten verbunden. Hier gilt: Je mehr flexible Verfügbarkeit den Beschäftigten abverlangt wird, desto höher müssen auch die Zuschläge sein.
Bereits jetzt sind mittels Betriebsvereinbarung oder – bei Fehlen eines Betriebsrats – mittels Einzelvereinbarung 12 Stunden pro Tag und 60 Stunden pro Woche möglich – allerdings nur auf Überstundenbasis und mit entsprechenden Überstundenzuschlägen.
Was ist Normalarbeitszeit/Höchstarbeitszeit?
Der Begriff Normalarbeitszeit beschreibt im Regelfall die „normal zu arbeitende Zeit“. Das kann die einzelvertraglich vereinbarte (etwa 20 Stunden), die kollektivvertraglich oder aber gesetzlich festgelegte Arbeitszeit sein.
Der Begriff der Höchstarbeitszeit definiert im Regelfall die gesetzlich bzw. kollektivvertraglich festgelegte Maximalarbeitszeit. Im Regelfall sind das 10 Stunden pro Tag und 50 Stunden pro Woche. Es gibt aber zahlreiche Ausnahmen (12/60, Erhöhungen bei Arbeitsbereitschaft etc.).
Was ist der Durchrechnungszeitraum und warum will die Wirtschaft möglichst lange Durchrechnungszeiträume?
Der Durchrechnungszeitraum ist jener Beobachtungszeitraum, in dem angefallene Mehr- und mögliche Ãœberstunden wieder abgebaut werden können – und zwar ohne Mehr- oder Ãœberstundenzuschlag. Je länger dieser Zeitraum ist, desto mehr Möglichkeiten stehen den Arbeitgebern zur Verfügung, im Falle einer geringeren Auslastung die ArbeitnehmerInnen einfach auf Zeitausgleich zu „schicken“. Flexibilität bedeutet damit: arbeiten, wenn viel zu tun ist, und zu Hause bleiben, wenn wenig zu tun ist – und das ohne Zuschläge und ohne mitbestimmen zu können.
Ab wann müssen Überstundenzuschläge bezahlt werden?
Das hängt sehr stark vom vereinbarten Arbeitszeitmodell ab. Das Gesetz definiert ganz grundlegend eine mögliche Normalarbeitszeit von 8 Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich. Darüber hinaus entstehen dann Überstunden. Mit sogenannten Durchrechnungsmodellen können aber die täglichen und wöchentlichen Grenzen verschoben werden, sofern sie nach Ende der Durchrechnungsperiode wieder ausglichen werden.
Ein anderes Beispiel wäre Gleitzeit. Bei diesem Arbeitszeitmodell kann überhaupt bis zu 10 Stunden täglich und bis zu 50 Stunden wöchentlich gearbeitet werden, ohne dass Überstunden anfallen. Wesentlich hier, dass im Abtausch gegen die Zuschlagsfreiheit die Arbeitszeit im Wesentlichen selbstbestimmt gestaltet wird.
Auch hier sind am Ende der Gleitzeitperiode nicht übertragbare Zeitguthaben als Überstunden in Zeit oder Geld abzugelten.
Welche Auswirkungen hätte der 12-Stunden-Tag auf die Zuschläge?
Der 12-Stunden-Tag hätte insbesondere dann Auswirkungen, wenn es, wie von der Wirtschaft gefordert, zu einer De-facto-Abschaffung der Zuschläge durch Erhöhung der zulässigen Normalarbeitszeit (10 Stunden pro Tag) und einer generellen Erhöhung der höchstzulässigen Arbeitszeit (12 Stunden pro Tag) käme, die mit einer extrem langen, bis zu 2 Jahre dauernden Durchrechnungsperiode verknüpft wären.
Im Extremfall wären die Überstunden dann wohl Geschichte, da in auftragsschwachen Monaten die angehäuften Stunden – im Sinne des Unternehmens – wieder verbraucht werden „müssen“.
Download
Arschkarte 1 als pdf-Datei
Arschkarte 1 zum Teilen, Posten und Weiterleiten als png-Datei
Ãœber die türkis-blauen „Arschkarten“ für Arbeitnehmerinnen
Aus Sicht der ArbeitnehmerInnen scheint das Jahr nicht ganz einfach zu werden. Die neue Regierung verteilt Geschenke an Industrielle und Vermögende – und hat letztlich für die ArbeitnehmerInnen nur eines übrig: Die türkis-blaue „Arschkarte“. Nennen wir es beim Namen und schauen wir genau drauf, was sich hinter diversen Ankündigungen der Regierung in Wahrheit versteckt.
Wir werden nicht zulassen, dass die Interessen der ArbeitnehmerInnen ignoriert werden und die erkämpften Rechte den Interessen des Großkapitals und ihren Lobbyisten geopfert werden. Wir werden jede einzelne „Arschkarte“ beim Namen nennen und aufzeigen, was uns da aufgedrängt wird – aber auch, was arbeitenden Menschen in Wirklichkeit brauchen und fordern. Und wenn es sein muss, dann zeigen wir der Regierung die „Arschkarte“!