Millionen verschleudert, türkis-blaue Zahlen-Spielereien aufgedeckt – Kurz-Regierung rechnete doppelt Â
„Wir haben immer davor gewarnt, dass die Zerschlagung der Sozialversicherung ein teures Projekt wird, mit dem einzigen Ziel, die Selbstverwaltung der ArbeitnehmerInnen zu zerstören. Ein Gutachten belegt jetzt: Türkis-Blau rechnete dort doppelt, wo es für die Argumentation vorteilhaft war und verschwieg Kosten, die die Kurz-Bundesregierung lieber nicht in der Öffentlichkeit wissen wollte. Mit jeder neuen Studie, jedem neuen Gutachten wird´s für die Versicherten immer teurer. Die vielzitierte `Patientenmilliarde´ wird wohl jene sein, die die Versicherten der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) zusätzlich zahlen werden müssen“, ist der Bau-Holz-Gewerkschafter und ArbeitnehmerInnen-Obmann der ÖGK, Andreas Huss, verärgert.
Kosten sechsmal so hoch als bekannt gegeben
Österreich hatte bisher gutes Gesundheitssystem
Das öffentliche Gesundheitssystem in Österreich ermöglichte bisher allen einen Zugang zur Gesundheitsversorgung unabhängig von der Größe der Brieftasche. Und das muss – wenn es nach sozialdemokratischen GewerkschafterInnen und der SPÖ geht – nicht nur so bleiben, sondern sogar noch ausgebaut und verbessert werden. „In zehn Jahren soll Österreich auf jedem Gesundheitskongress der Welt als Vorbild gelten“, steht im Wahlprogramm der SPÖ. „Als Land mit der höchsten Lebenserwartung – weil weder Armut noch ungleiche medizinische Versorgung den Menschen Lebensjahre kosten.“
Derzeit wird das System durch die türkis-blaue Zerschlagung für Versicherte und PatientInnen aber immer teurer. Lange Wartezeiten bei KassenärztInnen schreckten schon bisher von Arztbesuchen ab, die vielleicht wichtig gewesen wären. Wer es sich leisten konnte, wich auf einen Wahlarzt oder eine Wahlärztin aus. Denn wer zahlte, wurde länger betreut und saß kürzer im Wartezimmer.
„Wir müssen als reiches Land dafür sorgen, dass jeder und jede so lange gesund lebt, wie es möglich ist. Und dass jeder Mensch bestens medizinisch versorgt wird, wenn er/sie krank wird – in der Stadt oder am Land, jung oder alt, mit großem oder kleinem Einkommen. Nur wenn wir das schaffen, sind wir wirklich ein reiches Land“, fordert die SPÖ.
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Leidtragende sind die unselbständig Beschäftigten
Das neue Gutachten, das die AK in Auftrag gegeben hat, belegt, dass statt einer behaupteten Verwaltungsersparnis von rund 100 Millionen Euro im Jahr nur mit rund einem Drittel dieser Summe zu rechnen ist. Relevante Einsparungen aus der Zentralisierung wird es überhaupt nicht geben. Dafür werden die Fusionskosten viel höher sein als von Türkis-Blau behauptet. Huss: „Ein solcher `Husch-Pfusch´ bei einem für die Menschen so wichtigen Thema macht mich wirklich sprachlos. Die Versicherten wurden verraten und verkauft.“
Nicht einmal das Versprechen an die Landeshauptleute, dass die in den Gebietskrankenkassen verfügbaren freien Rücklagen in den Ländern bleiben, lässt sich aufrechterhalten. Nachdem die gesetzlich vorgeschriebene Leistungssicherungsrücklage der zukünftigen ÖGK nicht voll dotiert werden kann, fließen die freien Rücklagen der Landeskassen in diese Leistungssicherungsrücklage und stehen somit in den Ländern nicht oder nur zu einen ganz kleinen Teil zur Verfügung.
Noch größere Leistungsunterschiede statt besserer Gesundheitsversorgung
Bevor die Kurz-Bundesregierung begonnen hat, unser bewährtes Gesundheitssystem zu zerschlagen, war man auf gutem Weg, die Leistungen aller Kassen – auch jener, die nun nicht von der Fusion betroffen sind – auf hohem Niveau anzugleichen. „Nun wird es stattdessen zu noch größeren Leistungsunterschieden zwischen den `Privilegierten´ und der breiten Mehrheit jener Menschen, die in der ÖGK versichert sind, kommen. Die abgewählte Bundesregierung hat ein neues Arbeitszeitgesetz durchgepeitscht, mit dem der 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche für alle – auch für SchwerarbeiterInnen – Realität wurde. Gleichzeitig zerschlägt sie unser Sozialversicherungssystem und kürzt bei der AUVA. Länger arbeiten bei weniger Einkommen, ohne ärztliche Begutachtung, dazu zu befürchtende Selbstbehalte und Leistungskürzungen in Prävention und Gesundheitsversorgung – das ist die erschütternde Bilanz von Türkis-Blau“, so Huss abschließend.