Novemberpogrome

Zum 80. Mal jährten sich heuer die Novemberpogrome gegen die jüdische Bevölkerung.

2018 ist gleich ein mehrfaches Gedenkjahr. Wir erinnern uns beispielsweise an die Revolution von 1848, die Gründung der ersten Arbeiter-Krankenkassen 1868, an das Inkrafttreten des Krankenversicherungsgesetzes 1888, die Gründung der ersten Republik 1918, an die Errichtung des späteren Sozialministeriums 1918 mit Ferdinand Hanusch an der Spitze, an den sogenannten „Anschluss“ 1938 und die Novemberpogrome gegen die jüdische Bevölkerung.

Für viele HistorikerInnen sind die Pogrome von 1938 der Beginn der gezielten Auslöschung der jüdischen Bevölkerung (Schoah). Der verharmlosende Ausdruck der Nationalsozialisten dafür ist „Reichskristallnacht“, dieser wird noch immer oft verwendet.

In Österreich wurden 1938 in der Nacht auf den 10. November 30 jüdische Personen getötet, 7.800 verhaftet und rund 4.000 aus Wien sofort ins Konzentrationslager Dachau deportiert. Im gesamten „Deutschen Reich“ wurden tausende Synagogen und Geschäfte niedergebrannt, 91 Personen getötet, 20.000 verhaftet.

Das Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) warnt anlässlich des Jahrestags immer wieder vor neuen Gefahren in Österreich und auch in anderen Ländern. Die Israelitische Kultusgemeinde und die Jüdische Jugend Wiens rufen zum Gedenkmarsch „Light of Hope“ auf.

Hintergrund: Wie es dazu kommen konnte

Der Begriff „Pogrom“ kommt laut Austria Presse Agentur aus dem Russischen und bedeutet „Verwüstung“ und „Unwetter“. Die NS-Propaganda versuchte, die Aktion als spontane Antwort der Bevölkerung auf den Tod des deutschen Diplomaten Ernst von Rath auszugeben. Dieser war am 7. November 1938 in Paris von einem 17-jährigen Juden namens Herschel Grynszpan niedergeschossen worden und starb später.

Grynszpan hatte ursprünglich ein Attentat auf den deutschen Botschafter in Paris geplant, mit dem er gegen die Abschiebung tausender polnischstämmiger Juden protestieren wollte. Statt des Botschafters trafen seine Schüsse jedoch den jungen Botschaftssekretär Rath. Für die NS-Führung ein willkommener Anlass, die Vorgangsweise gegen die jüdische Bevölkerung unter dem Vorwand des „Zorns der kochenden Volksseele“ zu verschärfen.

Die gezielten Ausschreitungen nach der Aktivierung der SS-Ortsgruppen beschränkten sich allerdings nicht auf eine Nacht, sondern dauerten mehrere Tage an. Allein im „Kreis Wien I“ wurden 1.950 Wohnungen zwangsgeräumt und 42 Synagogen in Brand gesteckt und verwüstet. Hunderte Juden begingen Selbstmord.

Auch in den Bundesländern kam es zu zahlreichen Übergriffen. Die Synagogen in Eisenstadt, Berndorf, Vöslau, Baden, Klagenfurt, Linz und Graz fielen dem Pogrom zum Opfer. In Baden wurden alle Juden verhaftet, in St. Pölten 137, in ganz Salzburg 70, in Klagenfurt 40. Ein Zehntel der rund 650 bis dahin in Oberösterreich lebenden Juden wurde bereits am 8. November festgenommen.

Die Nationalsozialisten erlegten den Juden nach dem Pogrom eine „Sühneabgabe“ von einer Milliarde Reichsmark auf. Sie wurde später noch um 25 Prozent erhöht und war binnen eines Jahres zu zahlen. Für die Schäden musste die jüdische Bevölkerung ebenfalls aufkommen.

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